07.05.2015
   

Allianz-Unfallstudie

Das große Krachen

Gebotene Distanz: Passiert ein Autofahrer einen andere Wagen, der am Seitenrand mit offener Tür parkt, muss er genügend Abstand halten.

Eine neue Studie der Allianz-Versicherung belegt, dass stark gewachsene Ausmaße und miserable Rundumsicht Hauptursachen der häufigsten Unfälle sind.

Es geht im Schritttempo zu. Der Fahrer verdreht sich schräg nach hinten. Um ihn herum wuselt der Einkaufsverkehr. Es piept von links und rechts und hinten, hinten quengeln die Kinder … rumms. Mehr als tausend Mal kracht es in einer solchen Situation jeden Tag irgendwo in Deutschland. Rund 2.000 Euro Schaden sind die Regel.

"Optische oder akustische Warnungen kommen meistens zu spät", stellt Wolfgang Fey bei der Analyse solcher Park- und Rangierunfälle fest. Der Experte für Assistenzsysteme beim Zulieferer Continental hat zusammen mit der Allianz diese häufigste Unfallart im Land analysiert. Und die Ergebnisse sind für die Hersteller wenig schmeichelhaft. Eine der meistverkauften Ausstattungen nämlich erweist sich demnach als "wenig hilfreich": der Parkpiepser. Autos, die mit solchen Sensoren ausgerüstet sind, bauen sogar noch mehr Rangier-Unfälle als die Fahrzeuge, bei denen der Lenker sich allein auf das eigene Augenmaß und seine Aufmerksamkeit verlassen muss.

Technisch aufgerüstete Autofahrer in Deutschland sind dagegen laut Fey schlicht so überfordert, dass sie den piepsenden Dauerton als letzte Warnung überhören – oder nicht schnell genug gegensteuern. Und das hat vor allem einen Grund, so die Studie: Die Autos sind in den letzten Jahrzehnten ihren Besitzern über den Kopf gewachsen. Sie passen nicht mehr in die Verhältnisse, in denen sie bewegt werden.

"Die Rundumsicht ist zunehmend eingeschränkt"

Allianz-Experte  Johann Gwehenberger hat das große Krachen seit Jahren studiert – und kennt die Hauptursache: "Die Rundumsicht ist zunehmend eingeschränkt – vor allem nach hinten. Und die Autos sind gewaltig größer geworden." Die Parkflächen haben sich dagegen kaum vergrößert. Zudem nimmt der Verkehr in den Städten weiter zu. Und dort leben auch immer mehr Menschen und kurven mit immer dickeren Autos auf immer weniger Raum herum.

Dafür ist die Industrie prägend mitverantwortlich. Die Studie gibt zwei Beispiele: Hatte der erste Renault Espace 1984 noch eine Länge von 4,37 Meter und eine Breite von 1,77 Meter, so sind es jetzt 4,86 und 1,89 Meter. Und der Golf ist in dieser Zeit von 3,34 Meter Länge und 1,63 Meter Breite auf 4,25 Meter Länge und 1,80 Meter Breite gewachsen. Eine durchschnittliche Parkbucht mit 2,30 Meter mal fünf Meter ist damit auch schon gut gefüllt. Zum Rangieren bleibt nicht mehr viel Raum.

Hinzu kommen erschwerend zwei weitere Trends, so Studienleiter Gwehenberger: Ein Design, das nach hinten hin die Fenster zu Schlitzen verengt. Und die Mode zu hochbauenden Großfahrzeugen wie SUV und Vans. Die Schlachtschiffe der Straße haben denn auch 30 Prozent häufiger Park- und Rangierunfälle als Klein- und Kompaktwagen – und das, obwohl gerade diese Fahrzeuge häufiger Warnsysteme an Bord haben.

Rückwärts-Ausparken und -Rangieren

Dennoch kracht es ungebremst weiter – vor allem beim Rückwärts-Ausparken und -Rangieren. "Dabei passieren etwa 80 Prozent dieser Unfälle", so Gwehenberger. Gerade Senioren sind die Leidtragenden bei den jährlich rund 500.000 derartigen Unfällen. Fahrer ab 65 Jahren verursachen ein Drittel mehr solcher Schäden als die 25- bis 64-Jährigen. Und wenn ein Mensch beim Rückwärts-Rangieren verletzt wird, dann ist es auch besonders häufig ein Senior. Zwei Drittel der geschädigten Fußgänger sind Ältere.

Das überrascht die Experten nicht. Denn die unübersichtlichen Ungetüme mit häufig verdunkelten Scheiben machen es gerade weniger reaktionsschnellen älteren Verkehrsteilnehmern schwer, untereinander Blickkontakt aufzunehmen. Zudem haben die Senioren am Steuer noch häufiger Probleme, ihre zerklüfteten Fahrzeuge zu überblicken – und verlassen sich fatalerweise darauf, dass die Assistenzsysteme schon Alarm geben werden, bevor es rumst.

Conti und die anderen großen Entwickler von Sicherheitssystemen setzen darum auf aktiv eingreifende Techik. "Erst intelligentere Assistenzsysteme mit automatischem Bremsen werden diese Schäden wohl maßgeblich eindämmen", sagt Conti-Mann Fey. Und auch Allianz-Mann Gwehenberger ist sich sicher. „Automatisches Lenken und Bremsen wird in den kommenden Jahren immer mehr Autokäufer überzeugen.“  Spätestens, wenn's mal wieder gekracht hat. (sp-x)


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