Erste Hilfe bei Unfall
Schnell helfen, richtig handeln

Eigenschutz geht vor: Warnweste anziehen und Warndreieck aufstellen ist der erste Schritt zur Hilfe.
Wer einen Unfall miterlebt, muss in Sekunden entscheiden: anhalten, aussteigen, helfen? Viele Autofahrer fühlen sich in diesem Moment überfordert. Die gute Nachricht ist: Schon einfache Maßnahmen können Schlimmeres verhindern und Leben retten.
Erst absichern, dann helfen
Der erste Impuls mag sein, sofort auf das verunglückte Auto zuzueilen. Doch das Wichtigste ist der Schutz aller Beteiligten, auch des Helfers selbst. Warnblinkanlage an, Wagen in sicherer Entfernung parken, Warnweste anlegen. Danach das Warndreieck aufstellen, und zwar mit großzügigem Abstand: Innerorts etwa 50 Meter, außerorts 100 Meter, auf der Autobahn bis zu 200 Meter vor der Unfallstelle. Dabei konsequent hinter der Leitplanke bleiben. Erst wenn die Situation gesichert ist, kann Hilfe beginnen.
Notruf absetzen
Was simpel klingt, ist der entscheidende Beitrag, um die Rettungskette in Gang zu setzen: 112 wählen, entweder übers Handy oder über eine Notrufsäule, die direkt den Standort mitsendet. Es ist keine Schande, in der Aufregung die W-Fragen nicht mehr parat zu haben, der Leitstellendisponent führt durch das Gespräch: Wo ist der Unfall? Was ist passiert? Wie viele Menschen sind verletzt? Die wichtigste Regel: Nicht auflegen, bevor nicht alle Informationen geklärt sind. Durch klare Angaben kann viel Zeit gewonnen werden.
Die eigene Sicherheit hat Vorrang
"Sich selbst in Gefahr bringen sollte man keinesfalls", sagt Tanja Mansfeld, Sachgebietsleiterin für die Ausbildung im gesundheitlichen Bevölkerungsschutz beim Deutschen Roten Kreuz (DRK). "Es kann vorkommen, dass Sie Personen aus einem verunglückten Fahrzeug befreien müssen. Dabei darf Ihre eigene Sicherheit nicht gefährdet werden." Unter Umständen kann nur Fachpersonal die betroffene Person retten.
Blutungen schnell stoppen
Starke Blutungen können innerhalb weniger Minuten lebensgefährlich werden. Hier zählt Schnelligkeit mehr als Technik. Handschuhe anziehen, eine saubere Auflage finden und mit sanftem, aber bestimmtem Druck auf die Wunde pressen. Kein Ersthelfer muss einen perfekten Druckverband basteln; in der Regel ist in Deutschland innerhalb von neun Minuten ein Rettungswagen vor Ort.
Beruhigen und wärmen
Ansprechbare Verletzte brauchen auch seelischen Beistand. Einfache Worte wie „Hilfe ist unterwegs“ können beruhigend wirken und verhindern, dass Kreislaufprobleme entstehen. Oft genügt es schon, die eigene Hand auf die Schulter des Verletzten zu legen und ruhig zuzusprechen. Die Rettungsdecke aus dem Fahrzeug-Verbandskasten schützt vor Auskühlung (silberne Seite nach unten).
Stabile Seitenlage oder Herzdruckmassage
Wer bewusstlose Personen vorfindet, prüft zuerst die Atmung. Hebt und senkt sich der Brustkorb? Ist ein Luftzug spürbar? Falls ja, sollte der Verletzte in die stabile Seitenlage gebracht werden, um ein Ersticken zu verhindern. Ist keine Atmung vorhanden, zählt jede Sekunde: Mit gestreckten Armen wird der Brustkorb 100 bis 120 Mal pro Minute etwa fünf bis sechs Zentimeter tief eingedrückt. Keine Angst vor Fehlern: Einfach die Mitte des Brustkorbs suchen, beide Hände übereinanderlegen und kräftig drücken – etwa im Rhythmus des Songs "Stayin' Alive". Einem bewusstlosen Motorradfahrer sollte, wenn möglich zu zweit, vorsichtig der Helm abgenommen werden, um die Atmung überprüfen zu können.
Wenn Gefahr droht: Retten – aber richtig
Manchmal zählt nur das schnelle Handeln: Wenn etwa ein Fahrzeug brennt oder Benzin ausläuft, müssen Verletzte aus der Gefahrenzone gebracht werden. Dabei hilft der sogenannte Rautek-Rettungsgriff, ein einfacher Handgriff, bei dem der Helfer den Verletzten unter den Armen packt und ihn rückwärts zieht. Auch hier gilt: Selbstschutz bleibt oberstes Gebot.
Keine Angst vor Fehlern
Wer hilft, ist geschützt. Juristisch wie menschlich. "Es besteht keinerlei Grund zur Sorge, wenn es darum geht, Erste Hilfe zu leisten", betont Mannsfeld. "Ersthelfende genießen umfassenden Schutz. Wer Erste-Hilfe-Maßnahmen in der Aufregung nicht richtig anwendet, kann dafür später nicht haftbar gemacht werden." Strafbar ist nach § 323c nur, gar nicht zu helfen – das gilt als unterlassene Hilfeleistung.
"Ein entscheidender Grund für Zurückhaltung ist häufig die Angst, etwas falsch zu machen", sagt Tanja Mansfeld vom Roten Kreuz "Dabei ist Nichtstun im Ernstfall der größte Fehler." Um sicherer reagieren zu können, lohnt sich eine Auffrischung: Erste-Hilfe-Kurse wie vom DRK oder den Maltesern gibt es mittlerweile in kompakter Form an nur einem Tag; praxisnah, ohne viel Theorie. Auch Erste-Hilfe-Apps der Hilfsorganisationen bieten eine sinnvolle Möglichkeit, das eigene Wissen zwischendurch aufzufrischen, etwa im Wartezimmer oder in der Bahn.
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(Foto: DRK/Jörg Müller)
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