20.05.2020
   

Freiwilliges Tempolimit

Volvo schränkt sich ein

Malin Ekholm ist Leiterin des Volvo Cars Safety Centre in Göteborg: "Wir glauben, dass ein Autohersteller die Verantwortung hat, zur Verbesserung der Verkehrssicherheit beizutragen."

Von Holger Holzer/SP-X

Während Deutschland noch über das Tempolimit diskutiert, schafft der Autohersteller Volvo Tatsachen. Ab sofort fahren alle Neuwagen der Edel-Marke maximal 180 km/h schnell – selbst die Top-Modelle mit fast 400 PS. Warum machen die Schweden das?

Malin Ekholm, Leiterin des Volvo-Fahrsicherheitszentrums in Göteborg, begründet den Vorstoß moralisch: "Wir glauben, dass ein Autohersteller die Verantwortung hat, zur Verbesserung der Verkehrssicherheit beizutragen." Der Mensch, so zeigten Studien, sei einfach nicht in der Lage, hohe Geschwindigkeiten richtig einzuschätzen, dafür sei sein Gehirn nicht programmiert. Entsprechend gefährlich ist das Fahren bei forcierter Autobahngeschwindigkeit – und entsprechend sicherer wird es, wenn die maximalen Geschwindigkeiten sinken.

Nun war Volvo unter den großen Premiumherstellern nie eine notorische Raser-Marke. Traditionell sind die Kombis, Limousinen und mittlerweile auch SUV der Schweden komfortabel bis gemütlich abgestimmt. Trotz durchaus souveräner Motorleistungen kamen bislang nur wenige Modelle in die Nähe eines Vmax-Werts von 250 km/h. Vor allem im Vergleich zur deutschen Konkurrenz gibt sich Volvo schon immer auffallend entspannt. Der Kern des Markenimages ist nicht sportliche Leistung, sondern schon immer "Sicherheit". Der Hochgeschwindigkeitsverzicht dürfte die aktuelle Kundschaft daher weniger verschrecken als es etwa bei Fans von Audi, BMW und Mercedes der Fall wäre.

Die deutschen Premiummarken hatten sich ab den 1980er-Jahren eine Selbstbeschränkung bei der Höchstgeschwindigkeit auferlegt. Mit einem freiwilligen Limit von 250 km/h wollten sie das damals in Fahrt kommende Tempo-Wettrüsten stoppen, bevor die Autobahnen endgültig zu Rennbahnen geworden wären und der Gesetzgeber reglementierend eingegriffen hätte. Allerdings: Für die sportlichsten Modelle im Portfolio machen die Marken längst schon Ausnahmen. Und auf ihren dynamischen Ruf bedachte Hersteller wie Porsche haben das Spiel eh nie mitgespielt.

Ausfahren kann man extrem schnelle Autos allerdings kaum irgendwo in Europa. Abseits von Deutschland ist Polen aktuell das liberalste Land, was Schnellfahren angeht. Bei 140 km/h ist dort aber ebenfalls Schluss. Selbst ein limitierter Volvo hat also immer noch 40 km/h Reserve. Abseits der deutschen Autobahnen ist der Vorstoß der Schweden daher vor allem symbolischer Natur. Und doch mehr als rein reiner PR-Gag. Denn für Ekholm ist Tempo 180 nur ein Zwischenschritt, wenn auch ein großer. Sie hofft auch weitere Limitierungen, auch wenn sie auf Nachfrage keine Zahlen nennen möchte.

Serienmäßig mit "Care Key"

Volvo-Kunden zumindest können den Weg Richtung Niedrigtempo künftig auch selbstbestimmt gehen. Parallel zur 180er-Begrenzung führen die Schweden einen speziellen Autoschlüssel ("Care Key") ein, mit dem die Höchstgeschwindigkeit weiter herabgesetzt werden kann. Gedacht ist er etwa für den Fall, dass Vater oder Mutter ihren Volvo an den Nachwuchs verleihen wollen, diesem aber die fahrerische Selbstbegrenzung nicht in jedem Fall zutrauen.

Zunächst dürften Volvo und seine Kunden mit der freiwilligen Limitierung allein bleiben. Ekholm hat das 180er-Konzept zwar im Vorfeld der Einführung in der Branche vorgestellt, großen öffentlichen Zuspruch gab es bislang aber nicht. Dabei könnte der Highspeed-Verzicht auch für andere Hersteller langfristig durchaus sinnvoll sein: Denn hohes Tempo kostet Geld – in der Entwicklung, der Absicherung und der Produktion ließen sich Kosten sparen, müssten Autos nur auf Geschwindigkeiten knapp über 100 km/h ausgelegt werden. 

Und auch das Elektroauto würde von einer Vmax-Abrüstung profitieren. Denn viele Modelle fahren eh nicht schneller als rund 150, um den Akku zu schonen. Könnten sie die Verbrenner-Pkw auf ihr Niveau runterziehen, wäre dieser Umstand auch unter Schnellfahr-Fans kein Wettbewerbsnachteil mehr.


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