12.04.2019
   

Sicherheitsstudie zu Fußgängerrisiken

Senioren und Handynutzer besonders gefährdet

Straßenverkehr Smartphone Handy

Im vergangenen Jahr starben in Deutschland 457 Fußgänger im Straßenverkehr.

Von Alexandra Felts/SP-X

Im vergangenen Jahr starben in Deutschland 457 Fußgänger im Straßenverkehr. Ein Anteil von 14 Prozent an den Unfallopfern. Europaweit war 2018 sogar jeder fünfte Unfalltote ein Fußgänger. Anlass für das Allianz Zentrum für Technik (AZT) in einer Studie dieses Thema näher zu beleuchten und Lösungen vorzuschlagen. Mit mehr als der Hälfte der tödlichen Unfälle waren besonders Fußgänger über 64 Jahre betroffen. Aber auch die Ablenkung durch das Handy spielt zunehmend eine Rolle, denn laut einer Allianzumfrage gaben 43 Prozent an, sich beim Gehen mit Apps & Co. zu beschäftigen. Besonders bemerkenswert ist ein anderes Ergebnis der Untersuchung, bei denen der Versicherer gemeldete Schadensfälle heranzog: 23 Prozent der Kollisionen ereigneten sich durch Fahrzeuge, deren Fahrer beim Rückwärtsfahren einen Fußgänger übersehen hatten.

Der Großteil der Kollisionen zwischen Menschen und Autos findet zwar mit 42 Prozent nach wie vor im Frontbereich statt. Da Assistenzsysteme zum Fußgängerschutz bei immer mehr Herstellern zur Ausstattung zählen, fordert die Allianz, die automatische Erkennung von Fußgängern und die Notbremsung auch für das Rückwärtsfahren zu forcieren. Akustische Signale zählen wie die Rückfahrkamera zum Markstandard, weswegen sich Autofahrer, wie AZT-Geschäftsführer Christoph Lauterwasser beobachtet hat, eher auf sie, als auf den altbewährten Blick in den Rückspiegel verließen.

Flankierend zu dieser Studie, die gemeinsam mit österreichischen und deutschen Forschungseinrichtungen stattfand, hat das AZT Crashversuche mit einem speziellen, sogenannten Biofidel-Dummy gemacht, das mit künstlichem Skelett, mit Bändern und Gelenken ausgestattet ist. Selbst bei einem vergleichsweise langsamen rückwärts Anfahren von drei Stundenkilometern erlitt der künstliche Mensch nach dem Blechkontakt folgenschwere Stürze und Kopfverletzungen. Bei Simulationen mit einem Dummy am Rollator zeigte sich zudem, dass die Gehhilfe hier ihrerseits beim Aufprall mit einem Auto gefährlich werden könnte. Das Studium ihrer Schadenfallakten hat der Allianz auch gezeigt, dass überproportional viele Lieferwagen und gewerbliche Vans an tödlich verlaufenden Kollisionen mit rückwärtig vorbeilaufenden Fußgängern beteiligt sind.

Fast dreiviertel der für Fußgänger tödlich ausgehenden Unfälle ereignen sich innerorts, über die Hälfte davon passieren in der Dämmerung und nachts. Zusätzliche Risiken bergen nachweislich die kurzen Herbst- und Wintertage. Obwohl die Zahl der Verkehrsopfer in Deutschland weiter rückläufig ist, steigt allmählich, so die Allianz-Forscher, die Zahl der getöteten Fußgänger. Diese traurige Statistik wird von Senioren, die über 64 Jahre alt sind, mit 56 Prozent angeführt. Jeder zweite Tote ist im Rentenalter. Sie sind auch die Altergruppe, die am häufigsten auf den eigenen zwei Beinen zur Erholung oder für Besorgungen unterwegs ist. Hier schlägt der Versicherer vor, könnten beispielsweise die Grünphasen der Fußgängerampeln verlängert werden, auch Gehwege sollten sicherer gemacht werden - idealerweise sollten sie nicht von Radwegen oder Straßen zerschnitten werden.

Jährlich verunglücken insgesamt 30.000 Menschen, die fußläufig mobil sind, im Straßenverkehr. Häufig waren auch sie zunehmend durch ihr Handy beim Musikhören oder Texten vom Verkehr um sie herum abgelenkt. Interessanterweise sind Fußgänger aber anders als Autofahrer durch Telefonate weniger gefährdet, denn sie zeigen ein Verhalten, dass jeder wohl an sich selbst auch beobachtet hat: Sie bleiben stehen oder laufen auch mal im Kreis, um sich auf das Gespräch zu konzentrieren. In dem Zwiespalt zwischen steigendem urbanem Verkehr und neuen Mobilitätslösungen zeichnet sich übrigens schon ein neues, potenzielles Studienfeld für Unfallforscher am Horizont ab. Mit der anstehenden Verkehrszulassung für E-Scooter könnten sich auch die Wege von Fußgängern und Nutzern der elektrischen Roller mit Lenkstange an den Geh- und Radwegen immer häufiger kreuzen.


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