20.06.2016
   

ZF-Innovationen

Was in Zukunft Autos antreiben soll

Hinterachslenkung, Allradplane und E-antrieb auf dem Platz einer normalen Achse - so kann in Zukunft der intelligente Antrieb aussehen.

Von Peter Weißenberg/SP-X

Ein Traumauto ist der leicht angejahrte Suzuki Splash optisch eher nicht. Aber Manfred Meyer bekommt dennoch leuchtende Augen, wenn er auf den Japaner am Rand der Rennstrecke Hockenheim zeigt. Denn der Top-Manager beim Autozulieferer ZF schwärmt von einem "Traum-Wendekreis": Und der liegt so etwa bei 2,50 Meter.

Richtig gelesen - der Wagen wendet fast auf der Stelle. Denn unterm Blech des Microvans haben die Friedrichshafener ihre neueste Achsinnovation verbaut: die Electric Twist Beam (ETB). "An der Hinterachse arbeiten zwei je 40 kW / 55 PS starke Elektromotoren - darum brauchen wir vorn keinen Motor", so Meyer. Der schöne "Nebeneffekt" aus dieser Kombination: Die Vorderräder lassen sich nun um bis zu 75 Prozent einschlagen. Der Kleinstwagen manövriert sich so in Parklücken, die nur wenige Zentimeter länger als er selbst sind.

Die ETB ist ein für ZF ganz typisches Ausstellungsstück. Der drittgrößte Automobilzulieferer der Welt glaubt, dass auch Kleinwagen vor einem Innovationsschub stehen, der schon in wenigen Jahren das Fahrerlebnis deutlich verändern wird. Der Prototyp kann zum Beispiel auch einparken, wenn der Fahrer ihm das bloß von außen durch einen Tipp auf seiner Smartwatch befiehlt. Kameras und Sensoren sorgen dafür, dass es tatsächlich reibungslos in die Parklücke geht.

"Software, Antriebstechnik, Bremssysteme oder Sensorik - das integrieren wir immer stärker", so Meyer. Der Vorteil: Die früher einzelnen Komponenten werden preiswerter - und können auch in kleineren Modellen eingebaut werden. Müssen sie auch: Denn die kommenden gesetzlichen Anforderungen an Umweltschutz und Sicherheit sind für die Hersteller nur einzuhalten, wenn sie viel mehr supersparsame und sichere Kleinwagen auf den Markt bringen.

Automatisches Notausweichen

Automatisch Notbremsen etwa - das wird schon im übernächsten Jahr bei Neuwagen Gesetz. Aber ZF will bis dahin das automatische Notausweichen etabliert haben. Auf dem Hockenheimring rauschen wir mit 60 km/h ungebremst auf ein stehendes Fahrzeug zu, der Alptraum an jedem Stauende. Doch die Kameraaugen des Systems erkennen den drohenden Horror-Crash rechtzeitig, prüfen per Seitenradar, ob dort noch Platz ist - und reißen das Steuer herum. Links vorbei.

"Sehen, denken, handeln" - nennt Meyer die Kernkompetenzen seines Konzerns. Massiv investieren die ZF-Macher darum in solche vorausschauenden Assistenzsysteme. Wenn erst mal die Hersteller rundum Radar, Ultraschall und Kameraaugen verbaut haben, dann werden die Autos nicht nur dem Ziel "Unfallfreiheit" näher kommen. Vorausschauend sollen die Autos dann auch etwa immer den richtigen Gang wählen oder entscheiden, im Leerlauf bis zur nächsten Ampel zu "segeln". Oder per autonomer Bremse der Batterie des Elektroantriebs wieder Saft zuführen.

Neue Hinterachse

Große Zulieferer wie ZF, aber auch Bosch oder Magna, sie wollen in dieser neuen Autowelt die dafür nötigen Komponenten am liebsten aus einer Hand liefern. Zum Beispiel mit einer neuen Hinterachse, die testweise schon in einem ganz normalen Golf eingebaut ist: Der Volkswagen kann so auch die Hinterräder lenken - und auf der Achse sitzt ein 150 kW / 204 PS starker Elektromotor, der das Auto wahlweise allein antreiben könnte oder im Verbund mit einem Verbrennungsmotor und Frontantrieb einen Allradantrieb herstellt.

Achse, Antrieb, Getriebe, Assistenten, Software, Bremssysteme - alles vom Zulieferer entwickelt und ans Band geliefert. Da könnte sich ein Beobachter fragen, was die großen Automarken in Zukunft eigentlich noch aus eigener Kompetenz in die Modelle bringen werden? Manager Meyer antwortet bleibt diplomatisch: "Die klassischen Hersteller haben natürlich ihre eigenen konzeptionellen Vorstellungen." Manche neuen Wettbewerber eher nicht: "Google oder Apple haben wahrscheinlich weniger Ehrgeiz, Bremssysteme oder Antriebskonzepte selbst zu entwickeln." Die IT-Riesen sind wohl eher auf die Daten aus, die Passagiere während einer autonomen Fahrt so produzieren. Das Auto ist für sie nur Hardware - und dessen Komponenten werden künftig vielleicht bei großen Zulieferern einfach zugekauft.


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